"Ich hatte eine unvergessliche Zeit"

Eckdaten

Name: Melina Hikisch
Universität: Haaga-Helia University of Applied Sciences, Finnland
Zeitpunkt: SS 2022
Dauer: 4,5 Monate

Wie ist die Entscheidung für diese Partneruniversität gefallen?

Da für mich nur Erasmus+ geförderte Universitäten in Frage kamen habe ich mich darauf konzentriert. Die Optionen in den Niederlanden und Dänemark waren mir persönlich zu nah und Litauen hat mich nicht angesprochen. Außerdem hat mich Skandinavien schon immer begeistert und ich liebe den Winter!

Vorbereitungen für ein Visum

Kein Visum benötigt.

Vorbereitungen für Flug und Unterkunft

Sobald man bei der Universität angemeldet ist, bekommt man einige Informationen. Unter anderem auch zum Thema Unterkunft. Im Raum Helsinki gibt es unzählige Wohnheime von der Organisation "HOAS" bereitgestellt. Da private Unterkünfte wesentlich teurer sind, die Organisation dadurch verkompliziert wird und HOAS Wohnheime wirklich gut sind, würde ich diese Option jedem empfehlen. Meldet man sich so früh wie möglich an bekommt man auch mit Sicherheit eine Unterkunft. Dabei kann man wählen ob man in einem Studio (ca.700€ pro Monat) oder in einer WG (ca. 450€ pro Monat) leben möchte. Bei einer WG ist es allerdings nicht wählbar ob man zwei oder 5 Mitbewohner haben wird. Fest steht aber, dass die Wohngemeinschaften nach Geschlechtern geteilt sind. Studenten der Haaga-Helia werden entweder in Pasila (5 min zum Stadtzentrum, 3 min zur Uni) oder in Kannelmäki (20 min zum Stadtzentrum, 15 min zur Uni) untergebracht. Beide Wohnheime sind gut gelegen und ausschließlich für internationale Studenten. Den Hinflug habe ich ca. 1,5 Monate vor Abflug gebucht. Von Hamburg aus ist die einzige Option Finnair. (Diese sind super organisiert, freundlich und haben ein kostenloses Bonusprogramm. Da ich in und um Finnland einige Flüge mit Ihnen unternommen habe, hat sich das am Ende wirklich ausgezahlt.) Für meinen Hinflug habe ich inklusive zwei Gepäckstücken ca. 120€ bezahlt. Den Rückflug habe ich erst später gebucht, da HOAS die Möglichkeit bietet im Juni kostenfrei(!) weiter im Wohnheim zu leben und diese habe ich mir vorerst freigehalten. Aufgrund der Urlaubssaison habe ich für meinen Rückflug ca. 180€ gezahlt.

Bewerbung und ggfs. Erasmus+ Förderung

Da ich kein verpflichtendes Auslandssemester in meinem Studiengang integriert habe war die Organisation von Erasmus+ mit etwas Aufwand verbunden. Es müssen Kurse im Curriculum gefunden werden, welche durch Kurse im Ausland (in Absprache mit den Professoren) ersetzt werden können. Die Kurse und Stundenpläne stehen bereits 2 bis 3 Monate vor Beginn des Semesters öffentlich auf der Website der Haaga-Helia bereit. All dies muss mit dem International Office besprochen werden.

Kurswahl und Klausuren

Generell werden an der Haaga-Helia deutlich weniger Klausuren geschrieben. Der Fokus liegt auf Mitarbeit, schriftlichen Abgaben und Präsentationen. Ich selbst habe nur zwei sehr kurze Klausuren geschrieben.

Business Intelligence BI war ein virtueller Kurs. Das heißt, dass man innerhalb von ca. zwei Monaten selbstverantwortlich das Modul und die zugehörigen Aufgaben bearbeitet. Es werden kurze theoretische Grundlagen vermittelt und dann praktische Anwendungen an verschiedenen gängigen BI Tools durchgeführt. Jedes der ca. 5 Kapitel wird durch eine Abschlussaufgabe abgeschlossen.

Building Communication Confidence and Competence: In der ersten Hälfte des Kurses geht es um Kommunikationstechniken und deren praktische Anwendungen. Die zweite Hälfte behandelt verschiedene Berufszweige im Bereich PR und Kommunikation. Der Kurs war insgesamt sehr interaktiv und interessant, allerdings hatte der Inhalt wenig mit der eigentlichen Modulbeschreibung zu tun.

Finnish for Exchange Students: Die finnische Sprache ist schwer und hat kaum Bezüge zu anderen Sprachen, sodass es nicht möglich ist sich Wörter oder Grammatik herzuleiten. Insgesamt fand ich es dennoch einen guten Einblick. Nach ca. drei Monaten kann man nicht erwarten die Sprache zu sprechen, lesen oder verstehen. Hier wurden die Grundlagen vermittelt: Zahlen, Nahrungsmittel & Smalltalk. Dennoch hat mir der Kurs Spaß gemacht und ich würde ihn immer wieder belegen.

Growth and Competitive Strategies: Der Kern des Kurses ist es in Gruppen an einem Simulationsspiel teilzunehmen. Dabei wird ein weltweit agierender Konzern abgebildet. Die Vorlesungen selbst erklären die nötige Theorie. Für mich war dieser Kurs sehr interessant, da klarer wird wie die einzelnen Unternehmenbereiche (Sales, Produktion, Marketing, Finance...) zusammenhängen und welche Entscheidungen sich gegenseitig beeinflussen.

Data Security: Dieser Kurs war für mich der spannendste aber auch der aufwändigste. Der gesamte Kurs war anwendungsorientiert und hat (auch für unerfahrerene verständlich) behandelt wie verschiedene Sicherheitsfeatures funktionieren, einzurichten und auch zu hacken sind. In praktischen Übungen wurden verschiedene Hacking Methoden und Vorgehensweisen beschrieben und an Übungszielen getestet.

Talent Development: Dies ist der einzige Kurs, den ich nicht weiterempfehlen kann. Beschrieben wurde er als Einführung in das Thema HR und Recruitierung. Praktisch haben wir im gesamten Kurs mehrere 20 seitige schriftliche Ausfertigungen abgeben müssen, die entweder theoretische Konzepte beschrieben oder in denen wir beschreiben sollten wie wir die zuvor genannte Recherche betrieben haben. Die restliche Kurszeit haben wir ein Online Event orgasnisiert und durchgeführt bei dem HR Experten gesprochen haben. Dies war zwar interessant aber insgesamt wurde das Kursziel meiner Meinung nach verfehlt. Da der Stundenplan schon vor der Kurswahl feststeht, erstellt man sich den eigenen Studienplan und hat somit großen Einfluss auf den zeitlichen Aufwand. Dadurch hatte ich deutlich weniger Präsenzstunden als in Wedel (nur ca. 8 Stunden pro Woche). Auch der Anspruch ist an der Haaga-Helia deutlich geringer. Zu Beginn wirken alle Abgaben und Termine unschaffbar, letztendlich klingt es aber schlimmer als es ist und auch ohne übermäßigen Aufwand konnte ich gute bis sehr gute Leistungen erzielen.

Campusleben und Sprache

Finnisch zu belegen und zu sprechen ist kein Muss. Ich selbst hatte keine einzige Situation in Finnland bei der mein Gegenüber nicht fließend englisch gesprochen hat. Die studentische Vertretung "HELGA" ist sehr aktiv und bietet nahezu alle Angebote auch oder ausschließlich auf English an. Zudem bekommt jeder Austauschstudierende einen Vollzeit-Studenten der Haaga-Helia zugewiesen, die einem über das ganze Semester hinweg bei Fragen zur Seite stehen. Im Laufe des Semesters hatten wir einige Campus-Veranstaltungen an denen wir teilnehmen konnten. Darüber hinaus gibt es das ESN (Erasmus Student Network) Diese planen über das Semester hinweg verschiedene Reisen die sehr zu empfehlen sind! - Lapland - Lofoten (Norwegen) - Pirates of the Baltic Sea (eine zwei Tägige Kreuzfahrt nach Stockholm mit ca. 1000 Austauschstudierenden aus Finnland, Estland, Lettland, Litauen und Polen) Die ESN Vereine in Helsinki veranstalten darüber hinaus regelmäßig Partys und andere Tagesveranstaltungen. Darüber hinaus bietet der Campus ein kleines Fitnessstudio, welches nahezu kostenfrei genutzt werden kann.

Das Leben vor Ort und Tipps

Helsinki ist eine sehr kleine Großstadt, die Innenstadt ist sehr überschaubar und in kurzer Zeit erkundet. Dadurch bekommt man aber schnell ein sehr heimisches Gefühl und es mangelt trotzdem nicht and Möglichkeiten die Freizeit sinnvoll zu nutzen. Das ermäßigte Studententicket kostet ca. 35 Euro pro Monat und ist sehr empfehlenswert, Einzeltickets ohne Ermäßigung werden schnell sehr teuer. Suomenlinna ist eine alte Militärinsel ca. 10 Minuten mit der Fähre vom Hafen entfernt und einen Ausflug wert. Die Sauna ist eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Finnen und vor allem in den Wintermonaten haben wir alle diese lieben gelernt. Es gibt eine kleine Sauna in jedem Wohnheim die man kostenlos buchen und nutzen kann. Löyly ist eine Premium-Sauna im Hafengebiet (mit Badekleidungspflicht). Diese bietet eine super Atmosphäre und ist direkt am Meer gelegen, sodass man auch das berühmte Eisbaden testen kann. Sompa Sauna ist eine öffentliche kostenfreie Sauna mitten in der Natur und ebenfalls am Wasser gelegen. Sie ist 24 Stunden geöffnet und dadurch kann ich einen nächtlichen Trip im Mai zum Sonnenaufgang (ca. 3:30 Uhr) nur empfehlen. Im Wohnheim selbst gilt strikte Nachtruhe ab 22 bzw 23 Uhr. Die Nachbarn vor allem aber auch teilweise Einwohner des Wohnheims zögern nicht die Polizei zu rufen. Diese wird HOAS informieren und auch diese sind da recht strikt. Daher trifft man oft einen Großteil der Einwohner nachts in der Innenstadt an. Hier empfehlen sich der Old Irish Pub und Heidis Bier Bar, da die Preise (für finnische Verhältnisse) studentenfreundlich sind und die Musik international. Wer locals treffen möchte ist im Stadtteil Kallio gut aufgehoben, dort reiht sich eine Bar an die andere. Von Helsinki aus ist man wirklich super angebunden. Sowohl mit dem Flugzeug als auch mit dem Zug. Ich selbst war in Litauen, Lettland, in Lapland, Schweden und Estland. Estland (Tallinn) erreicht man dabei am besten mit der Fähre. Da alkoholische Getränke dort wesentlich günstiger sind, reisen nicht wenige mit leeren Koffern oder Sackkarren nach Tallinn um ihre Vorräte wieder zu füllen. Aber auch so hat Tallinn eine wunderschöne sehenswerte Altstadt, Museen und Nachtleben.

Fazit

Ich hatte in Finnland eine unvergessliche Zeit und würde mich jedes mal wieder dafür entscheiden. Empfehlen würde ich die Haaga-Helia jedem, der die skandinavischen Länder und Kultur kennenlernen möchte und kein Problem mit einem etwas längeren Winter hat. Für das Durchhalten im Winter wird man mit viel Sonne, wenig Regen, wunderschöner Natur und 24 Stunden Tageslicht Ende Mai/Anfang Juni belohnt.

Impressionen