Alan Turing und Joseph Weizenbaum erkannten bereits Mitte des 20. Jahrhunderts, dass Computer mehr als reine Rechenmaschinen sind. Weizenbaum zeigte mit seinem simplen Programm „Eliza“, wie leicht sich künstliche Intelligenz simulieren lässt, während Turing voraussah, dass Virtuelles irgendwann nicht mehr vom Realen zu unterscheiden sein könnte.
Dieses Streben nach realitätsnaher Computernutzung führte in den 1990er-Jahren zur Entstehung der „Virtual Reality“ (VR). Ziel ist die Simulation glaubwürdiger, dreidimensionaler Welten mit realistisch wirkenden Charakteren. Die technischen Herausforderungen erfordern jahrzehntelange Forschung, doch aktuelle Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz könnten VR in den kommenden Jahren zu einem neuen Durchbruch verhelfen.
Aber auch schon heute hat sie ihren festen Platz in der Forschung, in der Industrie (mehrere Tausend VR-Labore in Unternehmen), in der Games-Industrie (Massenmarkt mit Umsätzen im dreistelligen Milliardenbereich), Film und Fernsehen und Medizin (Operations-Unterstützung, psychotherapeutische Behandlung. etc.) und das sind nur die wichtigsten Bereiche in denen VR nicht mehr wegzudenken ist.
Die FH Wedel war eine der ersten Hochschulen in Deutschland, die den Bereich der Virtuellen Realität in Forschung und Lehre eingebunden hat. Labore sind auf dem neuesten Stand und bieten die Möglichkeit in alle Richtungen der VR vorzustoßen (Head Mounted Displays, CAVE-Großprojektionssysteme, Motion Tracking, etc.) – in Lehre und in Forschung. Viele Hundert Projekte in Kooperation mit Unternehmen oder als hochschulinterne Forschungsprojekte sind hier entstanden. Im Folgenden einige Beispiele.
Heute ist VR ein etabliertes Werkzeug in der Forschung und Industrie. Sie findet Anwendung in Bereichen wie der Medizin, wo sie zur Unterstützung von Operationen und der Behandlung von Angststörungen genutzt wird, in der Games-Industrie mit einer riesigen Marktdurchdringung, und in der Industrie, insbesondere für die Simulation von komplexen Prozessen. In Zukunft wird VR weiterhin wachsen, vor allem durch Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz und der Verbesserung der Hardware. Insbesondere das Metaverse, als eine durch VR zugängliche, global vernetzte virtuelle Welt, wird zunehmend an Bedeutung gewinnen und könnte viele Aspekte des Arbeitslebens, der Freizeit und der sozialen Interaktion revolutionieren.
An der FH Wedel wird VR sowohl in der Lehre als auch in der Forschung umfassend behandelt. Studierende haben Zugang zum modernen VR-Labor, in dem sie die neuesten Technologien wie CAVE-Systeme, Motion Tracking und Head-Mounted Displays ausprobieren können. In der Ausbildung werden die Studierenden nicht nur mit den technischen Aspekten der VR vertraut gemacht, sondern auch mit praktischen Anwendungen in verschiedenen Bereichen.
Abschlussarbeiten im Bereich VR können sich auf verschiedenste Themen beziehen. Einige mögliche Themen könnten eine ähnliche Ausprägung haben, wie die im Folgenden vorgestellten:
Schwarmverhalten in der Natur hat die Menschen seit jeher fasziniert. Beispiele dafür finden sich in den verschiedensten Bereichen – Vogelschwärme, die am Himmel in komplexen Formationen fliegen, Fischschwärme, die scheinbar synchron im Wasser navigieren oder auch das Verhalten von Insektenkolonien wie Ameisen oder Bienen, die als Kollektiv agieren. Diese Phänomene wirken meist chaotisch, folgen jedoch einfachen, zugrundeliegenden Regeln, die ein koordiniertes, emergentes Verhalten ermöglichen. Die Computergrafik forscht seit langem an Simulationen, die diese faszinierenden Bewegungen analysieren und nachbilden. VR-Systeme wie der CAVE bieten die Möglichkeit, die Simulation von Schwarmverhalten realistisch und in Echtzeit in einer immersiven 3D-Umgebung zu erleben. In der VR können Nutzer mit ihrer Umgebung interagieren, was nicht nur unterhaltsam, sondern beispielsweise auch in der Lehre genutzt wird.
Schwarmsimulationen werden bereits in Filmen und Animationen verwendet, dazu gehören Titel wie „Batman Returns“ und „Der König der Löwen“. Darüber hinaus gewinnen CAVE-artige Systeme durch ihren Einsatz in der virtuellen Produktion bei Filmen oder Serien, wie z.B. bei „The Mandalorian“, immer mehr Popularität. Diese Systeme ermöglichen immersive und realitätsnahe Visualisierungen von Hintergründen. Motion Capturing und Tracking-Systeme übertragen Kameraposition in Echtzeit auf virtuellen Szenen.
Der Begriff „Metaverse“ umschreibt laut Haihan Duan die Vision einer virtuellen Welt, die zu jeder Zeit und von jedem Ort aus erreichbar ist. Sie bietet eine Alternative zu Aussehen, Wohlstand, Status und anderen Begebenheiten aus der realen Welt und zielt auf eine globalisierte Gesellschaft ab, losgelöst von physischen Restriktionen.
Durch die vergangene, globale Covid-19-Pandemie wurden weltweit Grenzen und öffentliche Einrichtungen geschlossen und Unternehmen angewiesen, ihre Arbeit aus dem Homeoffice zu verrichten. Durch diese Umstellung entstand ein Anstieg der Nachfrage an virtuellen Treffpunkten.
Im Rahmen der Entwicklung an diesem ultimativen Ziel und dem wachsenden Interesse an virtuellen Welten als Alternative für reale Treffpunkte von Unternehmen und der Allgemeinheit gleichermaßen, wurden in diesem kooperativen Forschungsprojekt Teilaspekte des Metaverse für das konkrete Ziel der Planung von virtuellen Ausstellungsarealen entwickelt, die auch als Basis für virtuelle Lehrveranstaltungen, professionelle Meetings und kommerzielle Veranstaltungen genutzt werden können.
Da eine solche Planung für gewöhnlich sehr aufwendig ist, wurde in diesem Projekt ein Verfahren entwickelt, mit dem eine automatisches, „prozedurales“ Design von solchen Szenarien möglich ist, d.h. die Aufgabe der Konstruktion soll gänzlich von einem Algorithmus übernommen werden. Beispielhaft wurden solche Verfahren des „ Procedural Content Generation“ bereits z.B. in Computergames eingesetzt, in denen virtuelle Welten für gewöhnlich sehr umfangreich sind, z.B. im PC-Game „The Elder Scroll: Dagger Fall“, das auf 160,000 Quadratkilometern virtueller Fläche mit 15,000 Dörfern spielt.
Gerade die Corona Pandemie hat gezeigt, dass Heim- und Individualsport einen immer wichtigeren Stellenwert in der Gesellschaft erlangt haben, doch auch unabhängig davon hat sich die Gesellschaft immer weiter zur Individualität jeder einzelnen Person entwickelt. Im Bereich des Sports spielt diese Art der Individualisierung eine noch eher untergeordnete Rolle, gewinnt jedoch stark an Bedeutung.
Der Individualsport birgt allerdings Risiken. Bei falschem Training oder Bewegungsabläufen können langfristige körperliche Probleme initiiert werden. Um eine Bewegung korrekt zu erlernen, bedarf es neben dem Training einer Anleitung. Möglichst früh müssen drohende Schädigungen erkannt und der Ablauf entsprechend korrigiert werden. In den meisten Fällen bedarf es den Rat und die Zeit eines erfahrenen Trainers, der in korrigierender Weise zur Stelle ist.
Dieses Projekt hatte das Ziel, einen realen durch einen virtuellen Trainer für die konkrete Sportart des Ruderns an einem geeigneten Trainingsgerät zu ersetzen, indem die zwei typischen Herausforderung im Bereich der Virtuellen Realität gelöst werden sollten: das genaue Registrieren der Bewegungen des Trainierenden („Motion Tracking“) und die Analyse der Bewegungen und den Vergleich mit optimalen Übungsmustern aus realen Trainings.
Es wurde im Rahmen dieses kooperativen Forschungsprojekts ein beispielhafter Demonstrator entwickelt, der das Potential dieser Idee aufzeigte. Ein wesentlicher Faktor für ein erfolgreiches Produkt stellte das Motion Tracking dar, das einerseits sehr genau und fehlertolerant sein muss, dessen Daten andererseits aber auch so normalisiert werden müssen, dass nur eine geringe Zahl an Beispieltrainings notwendig ist, um eine dennoch große Bandbreite von Nutzern zu ermöglichen.
Es zeigte sich auch, dass weniger komplexe Systeme in verwandten Bereichen in Industrie und bei Unternehmen gewinnbringend eingesetzt werden könnten, beispielsweise, um den sicheren Gebrauch von schweren Objekten zu kontrollieren, zum Einstudieren von Bewegungsabläufen in Produktionsstraßen oder für sicheres Arbeiten in schwierigen Umgebungen wie auf Dächern oder Gerüsten. Die Anwendungsfälle in denen Systeme helfen Fehler zu vermeiden, sowohl durch Training als auch Kontrolle der Bewegung, dürften sicherlich in den nächsten Jahren noch erheblich wachsen, gerade auch durch Fortschritte in der Technik des optischen Trackings mittels neuer KI-Methoden der Bilderkennung.
Unter Angststörungen zu leiden ist keine Seltenheit. Laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie waren im Jahre 2017 etwa 15 Prozent der Erwachsenen in Deutschland von einer klinisch relevanten Angststörung betroffen. Sie gehören damit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen.
Eine der wirksamsten geeigneten Behandlungen dafür ist die sogenannte Expositionstherapie (auch Konfrontationstherapie genannt). Hierzu ist die Vorbereitung und Durchführung der Therapie mit einem überaus großen Aufwand verbunden. Zum einen müssen Objekte beschafft werden, welche beim Patienten dieses Angstverhalten auslösen, was im Fall von zum Beispiel blutigen Taschentüchern zusätzlich mit einer mangelhaften Hygiene verbunden ist. Zudem ist die Expositionstherapie oftmals mit langen Fahrtzeiten verbunden, da das Zwangsverhalten der Patienten oft ortsabhängig ist und daher nicht überall die gewünschte Reaktion ausgelöst werden kann. So kann es zum Beispiel notwendig sein, dass für eine korrekte Behandlung eine öffentliche Toilette oder die Wohnung des Patienten aufgesucht werden muss, was einen zusätzlichen Aufwand für den Therapeuten bedeutet und die Kosten für die Therapie stark in die Höhe treibt.
Bei einer Therapie mittels VR-Technik wird eine virtuelle Realität konstruiert, welche in dem Patienten ähnliche Angstreaktionen hervorrufen soll. Erste Studien in diesem Bereich zeigen, dass ein für eine erfolgreiche Behandlung notwendiges Angstniveau schon mit relativ einfachen Mitteln induziert werden kann.
Inhalt dieses Projekts war eine Studie des Universtätsklinikums Hamburg in Kooperation mit einem weiteren Unternehmen, um festzustellen, ob eine Therapie mit Virtual Reality-Techniken eine sinnvolle Alternative zu einer regulären Expositionstherapie darstellt. Konkret sollte es sich um eine Therapie des Waschzwangs handeln. Die Testpersonen trugen eine „VR-Brille“, wurden verschiedenen Szenarien ausgesetzt und ein Therapeut konnte interaktiv die dargestellte Szene beeinflussen um den Therapieablauf zu steuern.
Eine große randomisiert-kontrollierte Studie zur Therapie wurde durchgeführt mit vielversprechenden Ergebnissen. Wichtige Erkenntnisse waren, dass auch bei weniger realitätsnah simulierten virtuelle Welten Heilungserfolge erzielt werden konnten. D.h. selbst weniger effiziente Therapien mittels VR-Technik können die Expositionstherapie ersetzen und verringern die Kosten im Vergleich zur klassischen Therapie um Größenordnungen. Zudem besteht die Hoffnung, dass diese Art der Therapie häufiger und individueller – vielleicht sogar zu Hause und weniger oft unter Kontrolle eines Therapeuten – eingesetzt werden können.
Der Begriff „an einem Tisch sitzen“ wird oft intuitiv genutzt, um eine besonders effiziente, Kooperationssituation zu benennen, von der man weiß, dass sie durch die räumliche Nähe der Teilnehmenden inspirierender ist und schneller und zu einvernehmlichen Ergebnissen führt. Was liegt näher als ein solches Szenario durch die Möglichkeiten der Virtuellen Realität zu erweitern.
Die CoBench ist ein sehr gutes Beispiel dafür, was eine kleine Gruppe Studierender möglich machen kann, wenn ein motivierende Idee, eine gute Grundausbildung und eine Finanzierung vorhanden ist. Die CoBench ist im Prinzip ein waagerechtes, werkbankartig angeordnetes, großes Tandem-Display, das ergänzt wird durch Visualisierungs-Software, Tracking-Software, zwei PCs, die beides antreiben, und ein kaum überschaubares Arrangement an Projektoren, Spiegeln, Kameras und Infrarot-Kameras.
Das Besondere an diesem Projekt: Software, Hardware, Tracking und Projektion ist eine Eigenentwicklung der 6 Studierenden mit dem Wissen, das sie sich in ihren Studiengängen erarbeitet haben.
Das Besondere am Resultat: Multi-User-Tracking wurde realisiert – beliebig viele Nutzer können gleichzeitig an virtuell dargestellten Themen in Echtzeit arbeiten. Heute handelsüblichen Touch-Displays beschränken die Interaktionsmöglichkeiten immer noch auf eine nur sehr kleine Zahl gleichzeitiger Touch-Interaktionen.
Das Besondere für die Studierenden: das Projekt führte direkt in eine Firmengründung, die seit Jahren erfolgreich ist.
Wir, die Dozentinnen und Dozenten, sind für die Lehre, die Forschung und vor allem für dich da. Wir jagen dich nicht von einer Prüfung zur nächsten, sondern begleiten dich bis zu deinem Abschluss. Wir haben einen hohen Anspruch an die Vermittlung von Wissen, lassen dich damit aber nicht allein. Wir erwarten nicht, dass du pausenlos verfügbar bist, sind aber jederzeit für dich da, wenn du Hilfe benötigst.
Solltest du Fragen haben, kontaktiere mich jederzeit gerne direkt per E-Mail oder nutze die Möglichkeit, der Online-Informationsveranstaltung jeden ersten Freitag im Monat um 17 Uhr in einem offenen Meeting. Frage nach oder höre einfach nur zu.
An der FH Wedel sind verschiedene Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter aktiv in der VR-Forschung tätig. Dazu gehören Experten in den Bereichen Informatik, Künstliche Intelligenz und Mediengestaltung, die sich intensiv mit der Entwicklung neuer VR-Technologien und -Anwendungen befassen. Die Forschung wird teils in Kooperation mit externen Partnern aus der Industrie und anderen Hochschulen durchgeführt.